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Mittwoch, 19. Oktober 2011

Die Mövenpick-Revolution

Fertigsalatsauce, Silberbeefy oder Rindstatar. Die Marke Mövenpick hat wie keine andere die Esskultur in der Schweiz geprägt.


 Ein Mövenpick-Klassiker: Beefsteak-Tatar

Er habe jeden einzelnen Kunden mit Händedruck begrüsst, heisst es, damals als er am 19. Juli 1948 sein erstes Restaurant im Claridenhof an der Dreikönigsstrasse 21 in Zürich eröffnete. Dass er mit seiner Mövenpick-Gruppe die Schweiz gastronomisch revolutionieren würde, hatte sich Ueli Prager zum damaligen Zeitpunkt wohl nicht ausmalen können. Tatsächlich hat Mövenpick jedoch die Schweizer Essgewohnheiten wie kein anderes Unternehmen geprägt. Entwickelt wurde die Marke für Menschen mit wenig Zeit und keinem allzu grossen Budget. «Ueli Prager zelebrierte einen ganz neuen Umgang mit Zeit», sagt Tobias Hüberli, Chefredaktor der Gastrozeitschrift Salz & Pfeffer, «Mövenpick wollte Köstlichkeiten anbieten, die man ‹wie im Flug aufpicken kann». So hatte man beim Gastrokonzern nichts einzuwenden, wenn jemand um 11 Uhr ein Glas Champagner bestellte und ein anderer um 12 Uhr sein Frühstück bestellte.
Exotisch und bezahlbar
«Prager hat nach dem Krieg die Freude am Auswärtsessen neu geweckt», sagt Urs Heller, Chefredaktor des Gastroführers Gault-Millau Schweiz. Das Erfolgsrezept von Mövenpick sei eine Mischung aus trendigen, nicht zu vornehmen Restaurants und vor allem vernünftigen Preisen gewesen. Doch zum Erfolg von Mövenpick hat nicht nur das Konzept des schnellen, unkomplizierten Essens beigetragen, sondern auch die exotische Auswahl, plötzlich konnte man Sachen essen, die es bisher in der Schweiz nicht gegeben hatte. Zum Beispiel Eisbergsalat mit Thousand-Island-Dressing oder Roquefort-Sauce – und später natürlich die Mövenpick-Salatsauce in der Flasche, die sich bis heute in vielen Schweizer Küchen halten konnte.

Christine Kunovits, Chefredaktorin des Kochmagazins «Saisonküche» ist nach eigenen Angaben mit «Mövenpick gross geworden» und hat jeden zweiten Sonntag mit ihren Eltern und den Geschwistern das Mövenpick Dreikönig besucht. «Dort gab es immer tolles Roastbeef vom Wagen…da läuft mir jetzt noch das Wasser im Mund zusammen», erinnert sich Kunovits. Im Sommer ging es dann ab und zu in die Mövenpick Grüt Farm in Adliswil, das bekannt für sein Poulet im Körbli war. «Da und nur da durften wir die Poulets mit den Fingern geniessen – mein Vater fand sonst, das geht nicht, obwohl Knigge da ja anderer Meinung ist.»
«Der Steve Jobs der Schweizer Gastronomie» - immer einen Schritt voraus
«Das Angebot bei Mövenpick war verblüffend», sagt Urs Heller, «Meerfrüchte, offene Weine, Tatar, und in den 70er Jahren dann die riesige Glaceauswahl - und das alles in unkomplizierter Atmosphäre.» Sein erster Hummer sei übrigens auch ein Mövenpick-Hummer gewesen, erinnert sich der Gastrokritiker. Was in der Vergangenheit nur Reichen vorbehalten war, servierte Ueli Prager der breiten Masse. «Die Karte war international, die Küche garantiert gut, und wenn nicht, wurde ohne grosse Diskussion sofort etwas Anderes serviert», so Kunovits, «der Kunde war König, das galt damals.» Mit seinen Gastrokonzepten gelang es Prager immer wieder den Zeitgeist zu treffen oder sogar der Zeit einen Schritt voraus zu sein.
So war es Prager, der Nichtraucherplätze anbot und spezielle Kinder-Menükarten auftischte. «Die waren aus Karton und in Form von Masken », sagt Kunovits, «wir spielten damit oft am Tisch, weils ja auch ein bisschen langweilig war, das auswärts essen.» Auch den Tellerservice hat die Schweiz Mövenpick zu verdanken und den Offenauschank teurer Weine lancierte Prager. «Prager machte Lachs und allgemein Fisch und andere Dinge populär», so Hüberli. Doch er brachte nicht nur Krevetten und Hummer in die Schweiz, sondern «gab Einsteigern schriftlich Tipps, wie man isst und welche Weine passen». Auch in der Unternehmensführung war Ueli Prager wegweisend: 1953 war er der erste, der eine Aktienbeteiligung seiner Mitarbeiter einführte. «Sein engagierter Umgang mit seinen Mitarbeitern, die er förderte wie forderte, ist heute in der Branche State of the art», sagt Hüberli. «Er war der Steve Jobs der Schweizer Gastronomie.»

 Glacekarte aus den 70-er Jahren.

Nachdem er sich mit den erschwinglichen Familien-Restaurants schweizweit durchgesetzt hatte, eröffnete Ueli Prager 1962 die erste «Silberkugel»-Filiale an der Zürcher Löwenstrasse und brachte mit dem ersten Fast-Food- und Take-Away-Restaurant des Landes die amerikanische Esskultur in die Schweiz. Und noch heute schwärmen, obwohl nur noch drei Silberkugel-Filialen existieren, Burger-Freunde vom legendären «Silberbeefy», der heute sogar eine eigene Facebook-Fan-Gruppe («I love Silberbeefy with Cheese!») hat. Die Mövenpick-Restaurant-Kette entwickelte sich bald zu einem Gastro-Imperium, das eigene Hotels im In- und Ausland, Autobahnrestaurans und Weinkeller betrieb und mit den Mövenpick-Markenartikel (Mövenpick-Glacé, Kaffee, Salatsaucen) auch den Sprung in die Schweizer Privatküchen schaffte. «Wenn mein Bruder aus Los Angeles zu Besuch kommt», sagt Kunovits, kaufe sie heute noch die Beefsteak-Tatarsauce, um ihm ein Tatar zuzubereiten. Und auch die Schoggi-Glacé mit Stückchen fehle nie in ihrem Kühlschrank – wie so in manch anderen Schweizer Kühlschränken auch nicht. Als sie heute Morgen die Nachricht über Ueli Pragers Tod vernahm, «hat mich das berührt», denn Mövenpick sei für ihre kulinarische Sozialisation entscheidend gewesen. (Von Nina Merli)
(Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)

Ein Pionier der Kultur, nicht nur die Esskultur, sondern auch der Stil und die Einrichtungen waren speziell. Gerne bin ich schon vor über 40 Jahren in diesen Lokalitäten gesessen und habe es genossen - Riz Casimir war eine meiner Lieblingsspeise!  Mmmhhhhh

 Danke für seine Pionierarbeit
PEXAN Marketing
Jacky Lener

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